Glossar
Definition: Verhandlungstechniken im Vertrieb sind Strategien und Taktiken, um in einer Verkaufsverhandlung ein optimales Ergebnis für beide Seiten zu erzielen. Während Preisverhandlung (siehe Preisverhandlung) ein Teilaspekt ist, umfasst Verhandlungstechnik im weiteren Sinne auch das Feilschen um Lieferbedingungen, Vertragslaufzeiten, Zusatzleistungen und alle Modalitäten. Ziel ist immer eine Win-Win-Lösung – der Kunde fühlt sich fair behandelt, der Verkäufer erreicht seine Vertriebsziele.
Wichtige Prinzipien & Techniken:
BATNA kennen: Best Alternative to a Negotiated Agreement – was ist Ihre Alternative, falls die Verhandlung scheitert? Und was ist vermutlich die des Kunden? Wenn Sie Ihre BATNA kennen (z.B. ein anderer Interessent steht bereit; oder im schlechtesten Fall kein Abschluss, aber geringes Risiko), verhandeln Sie selbstbewusster. Versuchen Sie auch, die Position des Kunden einzuschätzen: Hat er Alternativen? Wenn nein, haben Sie mehr Spielraum, wenn ja, müssen Sie attraktiver sein.
Harvard-Prinzip (Sachbezogen verhandeln): Trennen Sie Sach- und Beziehungsebene. Bleiben Sie höflich und respektvoll, auch wenn harte Fakten diskutiert werden. Greifen Sie nie den Kunden persönlich an („Das müssen Sie doch verstehen…“ im genervten Ton ist schlecht). Lieber: „Lassen Sie uns gemeinsam schauen, wie wir das hinkriegen.“ – Gegner zu Partner machen. Zusammenarbeit statt Konfrontation.
Interessen hinter Positionen ermitteln: Frage nach dem Warum hinter Forderungen. Kunde will z.B. 24 Monate Gewährleistung statt 12. Das ist seine Position. Interesse dahinter: Sicherheit vor Ausfallkosten. Vielleicht können Sie eine Lösung bieten, die anders diese Sicherheit gibt (z.B. vergünstigter Servicevertrag), ohne einfach blanko 24 Monate zu zusagen. Kreative Lösungen werden möglich, wenn man die wahren Interessen kennt.
Paket schnüren: Statt Punkt für Punkt isoliert zu verhandeln, bieten Sie Pakete an. „Wenn Sie A verlangen, dann kann ich B hinzufügen, aber dafür bräuchte ich Entgegenkommen bei C.“ – Dadurch vermeiden Sie, dass am Ende bei allen Punkten nur der Kunde gewonnen hat. Alles wird als Gesamtpaket geschnürt, wo Geben und Nehmen ausbalanciert sind.
Ultimatum sparsam einsetzen: Drohungen oder letzte Angebote („Das ist mein letztes Angebot, sonst müssen wir es lassen“) nur einsetzen, wenn Sie es wirklich so meinen. Ansonsten verliert man Glaubwürdigkeit. Ein Ultimatum kann Verhandlungen auch abbrechen lassen – also nur, wenn die BATNA akzeptabel ist. Besser sind offene Fragen: „Was müssen wir tun, um heute zu einer Einigung zu kommen?“ – bringt oft mehr als ein knallhartes „Letztes Wort“.
Time Constraint: Wenn Verhandlungen sich ziehen, kann eine künstliche Deadline Bewegung reinbringen („Ich muss um 12:00 los, ich schlage vor, bis dahin finden wir einen Konsens.“). Das erzeugt leichten Druck, Entscheidungen nicht ewig aufzuschieben. Aber Vorsicht: Nicht hetzen, wenn der Kunde grundsätzlich mehr Bedenkzeit braucht – das wäre kontraproduktiv.
Win-Win vs. Win-Lose: Moderne Vertriebler streben Win-Win an (siehe Win-Win-Strategie). Das heißt, beide Seiten sollen vom Ergebnis profitieren. Win-Lose, wo der Verkäufer alles durchdrückt und der Kunde eigentlich verliert (zähneknirschend akzeptiert), führt langfristig zu Unzufriedenheit, Beschwerden oder Absprüngen. Win-Win schafft Basis für Folgegeschäfte und Empfehlungen.
Körpersprache & Ton in Verhandlungen: Ruhig und sachlich bleiben (siehe Tonalität). Keine aggressiven Gesten, offen sitzen. Aktives Zuhören auch hier: Kundenargumente vollständig anhören und paraphrasieren („Sie wünschen also unbedingt Liefertermin X, korrekt?“). Das zeigt Respekt und nimmt Wind aus den Segeln.
Team-Verhandlung: Wenn z.B. Geschäftsführer mit am Tisch sitzen, ist es wie Schach mit mehreren Spielern. Sprechen Sie Ihre Strategie mit Kollegen ab (Good Cop/Bad Cop kann z.B. gespielt werden – einer stellt sich härter, der andere vermittelt). Aber Achtung: Kunden merken plumpes Theater.
Praxis-Tipp: Immer wieder Zusammenfassen während der Verhandlung („Okay, wir sind uns also bei Punkten A und B einig, lediglich bei C hapert es noch.“). Das strukturiert und fixiert Teilerfolge. Und fragen! Verhandlung heißt nicht nur argumentieren, sondern auch viel fragen: „Was ist Ihnen hier am wichtigsten?“ oder „Unter welchen Umständen könnten Sie sich Y vorstellen?“ – So liefert der Kunde oft selbst die Lösungswege.
Non-intuitive Insight: Manchmal gewinnt man, indem man auch mal verliert – nämlich bewusst kleine Zugeständnisse machen, die einem nicht weh tun, aber dem Kunden wichtig sind. Das schafft gute Stimmung. Z.B. kostenlose Lieferung (für Sie geringer Kostenfaktor) schenken, wenn der Kunde beim Hauptpreis einlenkt. Der Kunde spürt: Sie kommen ihm entgegen, also kommt er auch entgegen (Reziprozität in der Verhandlung). Das Ergebnis: beide fühlen sich als Gewinner – und genau darum geht’s bei guten Verhandlungstechniken.
Wer verhandlungssicher ist, steuert Gespräche auch in schwierigen Phasen sicher ins Ziel. Das ist eine Meisterdisziplin im Vertrieb. Beherrschen Sie die Techniken, sitzen Sie am Steuer und nicht auf der Rückbank – somit immer einen Schritt voraus in Richtung Abschluss.